Kennst Du das? – Man bleibt vollkommen müde.
So, als ob man nie geschlafen hat.
Kennst Du das? – Man schmaust und schlemmt und schlingt
und ist niemals lang und wirklich satt.
Kennst du das? – Man feiert seine Ideen
und die Blätter bleiben weiß. Wie Schnee.
Oder brüllt, nach hundert „Weh!“ und „Ach!“,
tausend „Nein!“ und „Nö!“ und „Ne!“.
Autor: Martin W. Zaglmaier
WAHLKAMPF
Es geht ein Mann durch Stadt und Land
und öffnet Hetze Tür und Tor,
reicht jedem Hinz und Kunz die Hand,
leiht jedem Kunz und Hinz sein Ohr
und kommt sich dabei mächtig vor.
Denkt dieser „feine“ Lebemann,
er braucht bloß seine Lippen spitzen
und alle Menschen fangen an,
als hätt‘ kein einzig’ Mensch Gewissen,
den „feinen“ Lebemann zu küssen?
PUNKTION
Eine feine,
lange Nadel
vergewaltigt
meinen Beckenknochen.
Rein. – Raus. –
Rein. – Raus. –
Immer
und immer wieder.
Ich,
der mal schlecht,
mal gar nichts hört,
hör NUR:
Meines Blutflusses
unstetes Rauschen.
Ich bin müde,
hellwach
und,
zum Glück,
starr
vor Angst.
UNENTSCHLOSSEN
Ich bin müde.
Als hätten wir
im neuen Jahr
jeden Monat
„Oktober“
getauft.
Ich bin müde.
Als wäre ich
mit einer Brille
mit verschmierten,
zerkratzten Gläsern,
durch Rauch
und Nebel geirrt.
Ich bin so müde,
dass ich nicht weiß,
ob ich weinen
oder heulen
soll.
BRUCHLANDUNG
Eines Tag’s verlernt ihr Gauner
euren ganzen Stuss.
Freunde werden rau und rauer
und verteil’n am bitt’ren Schluss
nur noch einen Todeskuss.
Eines Tag’s verlernt ihr Gangster
euren ganzen Quatsch.
Müde springt ihr aus dem Fenster.
Müde macht ihr auf dem Matsch
einen herrlich lauten „Platsch!“
OKTOBERBLUES
So schnell,
wie sich die Fenster
und Türen
im Haus öffnen,
öffnen sich
keines Menschen
Augen.
So schnell,
wie ein Essen
auf dem Tisch
kalt wird,
wird es
dunkel
und schneller
als der Mensch
Herz
und Hirn verliert,
verliert
aller Anfang
unwiederbringlich:
Seinen
Zauber.